Schwere Beine – das Lymphödem

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Das Lymphödem – wenn die Lymphe zur Last wird

schwere-beine-wenn-die-lymphe-zur-last-wird-e1Es begann alles ganz schleichend. Anna S. bemerkte in ihrem 12. Lebensjahr eine leichte Schwellung am linken Fußrücken, die sie zunächst auf einen Insektenstich zurückführte. Morgens nach dem Aufstehen war die Schwellung verschwunden, abends und insbesondere in den Tagen vor ihrer Periode nahm die Schwellung zu. In den darauffolgenden Monaten bildete sich die Schwellung morgens immer geringer zurück und breitete sich auf die angrenzende Zehenregion und die Knöchelgegend aus. Die Verdickung war nicht nur unschön, sondern wurde auch von einem Schweregefühl in der gesamten Fußregion begleitet. Schließlich stellte sie sich ihrem Hautarzt vor, der die Diagnose eines primären Lymphödems stellte.

Bei Anna verging von Beginn ihrer Erkrankung bis zur Diagnosestellung weniger als ein halbes Jahr. Oft dauert es wesentlich länger, bis die Patienten den Arzt aufsuchen. Eine rechtzeitige Diagnosestellung ist aber gerade beim Lymphödem wichtig, um bleibende Schäden abzuwenden.

Der Arzt hat einerseits zwischen Wasser-Ödemen, z. B. im Rahmen von Herz-, Leber-, Nieren- oder Venenerkrankungen und andererseits zwischen dem Lipödem, dem unproportionierten verstärkten Fettansatz sowie Kombinationsformen aus Lymphödem und anderen Ödemformen zu unterscheiden. Typisch für das Lymphödem des Beines ist das “Stemmer’sche Zeichen”. Beim Lymphödem lässt sich im Unterschied zu allen anderen Schwellungsarten die Haut über den betroffenen Fußzehen nicht abheben. Im Zweifelsfall kann durch die Lymphszintigrafie und die indirekte Lymphografie die Diagnose gesichert werden. Das primäre Lymphödem beginnt typischerweise zwischen dem 10. und 24. Lebensjahr. Frauen erkranken häufiger als Männer. Durch einen noch nicht geklärten chronisch fortschreitend verlaufenden krankhaften Prozess ist die Transportkapazität des Lymphgefäßsystems bereits vor Beginn der ersten Symptome eingeschränkt (Stadium 0).

Lymphe2Ähnlich wie bei einer Überschwemmung stauen sich lymphpflichtige Eiweiße und Wasser vor den abführenden Lymphbahnen auf, da sie zu langsam abtransportiert werden (Stadium I). Die hierdurch entstandene Schwellung lässt sich durch Kompression wieder zurückbilden. Wenn diese Stauung über längere Zeit anhält, verhärten sich Haut und Bindegewebe durch die Neubildung von Bindegewebsfasern und Vermehrung von Bindegewebssubstanzen (Stadium II).

Die Haut bedarf dann besonderer Pflege und Aufmerksamkeit, da das Bein für Pilzbefall und bakteriell bedingte Erkrankungen, wie die Wundrose (Erysipel) besonders gefährdet ist. Ohne rechtzeitige Therapie kann sich das Krankheitsbild so verschlechtern, dass es zu monströsen Schwellungen an der betroffenen Extremität kommen kann (Stadium III). Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Übergewicht können Komplikationen Vorschub leisten.

Eine vollständige Heilung ist nicht möglich. Durch den rechtzeitigen phasengerechten Einsatz therapeutischer Mittel können Stauung und Bindegewebsvermehrung weitgehend zurückgebildet werden. Dies gelingt in hohem Maße durch die Bündelung therapeutischer Maßnahmen im Rahmen der komplexen physikalischen Entstauungstherapie. Hierzu gehören die manuelle Lymphdrainage, die Kompression mittels Kompressionsbandagen und Kompressionsstrümpfen, die entstauende Krankengymnastik sowie die entsprechende Hautpflege bzw. Therapie bei begleitenden Hauterkrankungen

    • Lymphödem beider Beine (Stadium III)
    • Lymphödem beider Füße mit Nagelpilzbefall insbesondere der linken Großzehe (typisch die Verdickung der Zehen)

Mein Dank gilt dem Fachkollegen Dr. Jungkunz, der mir freundlicherweise die klinischen Bilder zur Verfügung stellte.

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